Traditionelle Bauform und zeitgenössische Architektur in einem Haus, kann das funktionieren? Ja, kann es. Das luxemburgische Architekturbüro Valentiny HVP hat ein Einfamilienhaus entworfen, das trotz einer klassischen Grundform überraschend modern ist. Dach und Fassade bestehen komplett aus patiniertem Titanzink.
Das neue Wohnhaus befindet sich in Gonderange, Luxemburg. Anfang 2017 wurde es fertiggestellt. Es verfügt über eine quadratische Grundfläche von zwölf mal zwölf Metern und wandert über zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss in die Höhe. Ein steiles Pyramidendach sorgt dafür, dass sich das Wohnhaus gen Himmel streckt.
Titanzink für ein Kaffeemühlenhaus
Damit ähnelt der Bau einer Gebäudeform aus dem späten 19. Jahrhundert: dem Kaffeemühlenhaus, das mit seinem quadratischen Grundriss, den zwei Vollgeschossen und dem Walmdach eben an eine Kaffeemühle erinnert. In diesem Fall sorgen das Dach und die Fassade allerdings für ein modernes Erscheinungsbild. Dank der langen, senkrecht verlaufenden Titankzinkbleche gehen beide Gebäudeteile nahtlos ineinander über.
Kompakter Baukörper mit offenem Wohnambiente
Nähern wir uns dem Wohnhaus in Gonderange einmal von außen nach innen: Das Eigenheim liegt am Hang und zeigt sich von der Bergseite, wo sich Garage und Eingangsbereich befinden, eher verschlossen. Das breite Garagentor ist zurückversetzt und sorgt mit seiner bronzefarbenen Aluminiumbekleidung für einen interessanten Kontrast.
3, 2, 1: Schlafzimmer, Bäder, Büro
Im Eingangsbereich erwartet den Besucher neben einer Garderobe und einem Gäste-WC eine große Galerie. Von hier aus blickt man in den Wohnraum, der zur Talseite über zwei Stockwerke offen ist: Große Fensterfronten sorgen für jede Menge Tageslicht. Während sich im unteren Wohnbereich Küche, Wohn- und Esszimmer sowie Technik- und Lagerräume befinden, umfasst das Obergeschoss drei Schlafzimmer, zwei Bäder und ein Büro.
Ein einziger großer Titanzink-Mantel für Fassade und Dach
Dach und Fassade bilden nicht nur optisch ein homogenes Erscheinungsbild, auch die Konstruktion ist gleich. Der Rohbau aus Stahlbeton reicht bis zur Höhe der Entlüftungsschlitze in das Dach. Nur die Spitze selbst ist eine Holzkonstruktion. Auf dem Betonskelett befinden sich eine Dampfsperre, eine Unterkonstruktion aus Konstruktionsvollholz mit Mineralwolle sowie eine 35 Millimeter starke Holzfaserdämmung. Die Außenhaut bildet eine Verkleidung aus Titanzink – ein Metallmantel von insgesamt 550(!) Quadratmetern für Fassade und Dach.
Sogar die Fenster machen einen Knick
Damit die senkrechten Falzlinien der Titanzinkbleche klarer hervortreten, verzichteten die Architekten auf eine sichtbare Dachtraufe. Bei einer Traufe handelt es sich um die typische Tropfkante entlang der Dachfläche, über die normalerweise der Regen in die Dachrinne gelangt. Im vorliegenden Fall hätte sie aber zu einem optischen Bruch zwischen Dach und Fassade geführt, daher deuteten die Architekten die Traufe nur als abgeknickten Winkel an. Die Dachfenster machen den Traufknick mit, sie sind sowohl Teil der Fassade als auch des Daches.
Witterungsbeständig und gut belüftet
Und wenn es regnet? Da die Dachabdeckung regensicher verfalzt wurde, fließt das Wasser direkt an der Fassade hinunter und sammelt sich unten in einer Erdrinne. Titanzink ist besonders witterungsbeständig, daher sind keine langfristigen Schäden zu befürchten. Neben der Traufrinne konnte man auch auf Belüftungsöffnungen verzichten: Die Hinterlüftung dieser Fassade ist mit der des Daches verbunden, sodass die Luft vom Fuß des Gebäudes bis zu den Entlüftungsöffnungen unter der Dachspitze strömt.
Zink: einst klassisch, jetzt wieder im Kommen
Das Wohnhaus in Gonderange zeigt, was eine Fassade und ein Dach aus Metall optisch hermachen – eine zeitlose Alternative zu Dachziegeln. Titanzink, in diesem Fall vom Hersteller Rheinzink aus Datteln in Nordrhein-Westfalen, eignet sich für viele Bereiche, nicht nur für die Bedachung und Fassadenbekleidung, sondern zum Beispiel auch für die Dachrinne. Zinkdächer sind seit vielen Jahrhunderten bekannt und im Hausbau beliebt. Dank ihrer typischen Patina kleideten sie bislang vor allem klassische Dächer. Sie kommen aber zunehmend auch als Alternative im modernen Hausbau vor.
In dem Beitrag „Blechdächer für Einfamilienhäuser“ lesen Sie, welche Metalle neben Titanzink noch in Frage kommen.