DACH\LIVE: Erst 2014 die Meldungen über Fassadenbrände, dann Entsorgungsproblematik mit EPS-Dämmstoffen, dann der Brand des Londoner Greenfell-Towers: Ist der Verein FSDE eine Art Krisenmanager?
Carolin Westphal: Der seit Jahrzehnten bewährte Dämmstoff EPS erfährt in der Öffentlichkeit sowie bei Entscheidern in Politik und Wirtschaft zunehmend Kritik. Und diese Kritikpunkte dominieren in der öffentlichen Wahrnehmung die EPS-spezifischen Vorteile. Die Kommunikation über die Vorteile wird nicht gehört und das Vertrauen in EPS-Dämmung droht verloren zu gehen – und das wollen wir im offenen Dialog ändern.

Bei dem tragischen Unglück im Grenfell Tower zeigen die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungskommission übrigens, dass die Wetterschutzverkleidung den Brand beschleunigt hat, nicht die Dämmung. Nach aktuellem Kenntnisstand wurde zudem kein Wärmedämmverbundsystem mit EPS, sondern eine sogenannte „vorgehängt hinterlüftete Fassade“ verwendet. In der öffentlichen Debatte entsteht allerdings schnell der Eindruck, dass die Wahl des Dämmmaterials Einfluss auf das Brandrisiko sowie die Brandentwicklung hat. Das ist falsch und führt Verbraucher in die Irre.

DACH\LIVE: Zur EPS-Entsorgungsproblematik: Entsorger verlangen noch immer zum Teil horrende Preise oder nehmen EPS-Dämmung gar nicht erst an. Wie kann das FSDE den Dachdeckern aktiv helfen?
Carolin Westphal: Eines unserer Ziele ist die stetige Verbesserung des gesamten Lebenswegs des Werkstoffs EPS. Dazu gehören auch Entsorgung und Recycling. Daher stehen wir in regelmäßigem Austausch mit unterschiedlichen Interessengruppen, darunter auch dem Handwerk. Gerade beim Thema Recycling gibt es viele positive Entwicklungen, die das FSDE weiter voranbringen möchte. Labortechnisch ausgearbeitet ist inzwischen ein physikalisch-chemisches Verfahren, bei dem auch verunreinigte Dämmstoffe und solche, die das Flammschutzmittel HBCD enthalten, in ihre Grundbestandteile aufgelöst und erneut in den ursprünglichen Produktionsprozess eingeschleust werden können. Dieses sogenannte “PSLoop”-Verfahren geht in Kürze in den technischen Großversuch. Erst danach können wir Wirtschaftlichkeit bewerten.
Was die aktuelle Situation angeht, kann sich der Handwerker bei seinem Entsorger darauf berufen, dass sich an der Qualität von EPS-Dämmstoffen als Abfall nichts geändert hat. Auch die Industrie-Initiative AGEHDA beschäftigt sich mit dem Thema HBCD-haltiger Dämmstoff-Abfälle.
DACH\LIVE: Aktuell wird über „alles, was Kunststoff ist“ heiß diskutiert. Viele meinen „Kunststoff – nein danke“. Was sagt das FSDE dazu?
Carolin Westphal: Wir sehen den Trend hin zu einem nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen positiv. Ob ein Kunststoff-Produkt oder eine andere Alternative für einen speziellen Anwendungsfall die ökoeffizienteste Lösung ist, lässt sich immer nur am Einzelfall beurteilen. Im Fall der EPS-Dämmung sollte es keine Zweifel geben. Die Herstellung von Dämmstoffen benötigt zwar wie jedes Produkt Rohstoffe und Energie. Diese werden aber durch die erzielten Einsparungen während der langjährigen Nutzungsphase um ein Vielfaches übertroffen.
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