Nachhaltiges Dach

Natürliche Dämmstoffe: ökologisch dämmen


Lesezeit 5'

18.05.2020 von Michael Podschadel
Nachhaltiges Dach

Natürliche Dämmstoffe: ökologisch dämmen


Lesezeit 5'

18.05.2020 - Michael Podschadel

Bei der Wärmedämmung kommt immer häufiger eine sogenannte organische Dämmung zum Einsatz. Ein Vergleich natürlicher Dämmstoffe wie Schilf, Kork, Holzfasern oder Altpapier lohnt, denn die unterschiedlichen Materialien haben auch unterschiedliche Eigenschaften. Grundsätzlich gilt jedoch: Ob Sie Ihre Wohn- und Innenräume mit natürlichen Dämmstoffen auskleiden oder eine ökologische Dämmung der Außenwand durchführen wollen – Sie schonen die Umwelt und verbessern das Raumklima. Wir stellen wichtige natürliche Dämmstoffe vor.

Auch wenn Styropor, Stein- und Glaswolle als Dämmstoffe noch dominieren, steigt die Nachfrage in Sachen natürliche Dämmstoffe. Dazu zählen Flachs, Kork, Jute und Stroh. Oder, wie im Titelbild zu sehen, Holzfasermatten. Die ökologischen Wärmedämmungen sind vor allem wegen ihrer Nachhaltigkeit, der ausgeglichenen CO2-Bilanz und des gesunden Raumklimas beliebt.

Natürliche Dämmstoffe im Überblick

Natürliche Dämmstoffe sind eine echte Alternative zu Steinwolle und Co. Sich lassen sich aus unterschiedlichen Rohstoffen gewinnen, die zu losem Material und zu flexiblen oder festen Platten weiterverarbeitet werden. Nachfolgend finden Sie eine beispielhafte Übersicht typischer ökologischer Naturdämmstoffe.

  • Holzfaserplatten
  • Dämmung mit Stroh
  • Schilfdämmung / Schilfrohrdämmplatten
  • Hanfdämmung, als Vlies oder Dämmmatten
  • Jutedämmung
  • Flachsdämmung
  • Dämmung mit Kork
  • Schafswolle
  • Wiesengras / Seegrasdämmung
  • Zellulose / recyceltes Altpapier

Die Verarbeitung dieser natürlichen Wärmedämmungen unterscheidet sich teils deutlich von der konventioneller Materialien. Wir empfehlen, bei der Suche nach geeigneten Naturdämmstoffen und der baulichen Umsetzung mit einem erfahrenen Fachbetrieb zusammenzuarbeiten. Dieser wählt für die Wärmedämmung Material aus, das bestmöglich zu Ihren Anforderungen und Voraussetzungen passt. So beugen Sie einer unsachgemäßen Ausführung vor.

Der Naturdämmstoff Flachs wird zum trocknen an einer Stange aufgehangen.
Der Naturdämmstoff Flachs wird zum Trocknen an einer Stange aufgehängt.

Foto: Karin / adobe.stock.com

Ein Zimmerer isoliert eine Dachgaube mit Naturdämmstoffen
Ein Zimmerer isoliert eine Dachgaube mit Naturdämmstoffe.

Foto: Ingo Bartussek / adobe.stock.com

In einigen Fällen wird Stroh für eine natürliche Dämmung verwendet.
In einigen Fällen wird Stroh für eine natürliche Dämmung verwendet.

Foto: iStock.com / anandoart

Flachs wird als natürlicher Dämmstoff für eine Wärmeisolierung verwendet.
Flachs wird als natürlicher Dämmstoff für eine Wärmeisolierung verwendet.

Foto: Anneke / adobe.stock.com

Ein Mann schneidet eine Hanffaserplatte für eine Wärmeisolierung zurecht.
Ein Mann schneidet eine Hanffaserplatte für eine Wärmeisolierung zurecht.

Foto: Olga Ionina / adobe.stock.com

1. Ökologische Holzfaserdämmung: Vor- und Nachteile

Holzfasern werden aus Sägeresten und Hackschnitzeln heimischer Nadelhölzer gewonnen und meistens im Nassverfahren zu festen oder flexiblen Holzfasermatten verarbeitet. Die Fasern werden aufgeweicht und anschließend unter Hitze abgebunden, mit holzeigenen Stoffen als Klebemittel. Gerade Anbieter von Holz-Fertighäusern, die sich auf das Thema Wohngesundheit spezialisiert haben, dämmen ihre Häuser mit natürlichen Holzfasern, von der Fassade bis hin zum Dachfirst.

Trockene Holzfasern werden für die natürliche Wärmedämmung am Dach verwendet.
Trockene Holzfasern werden für die natürliche Wärmedämmung am Dach verwendet.

Foto: Ingo Bartussek / adobe.stock.com

Ein besonderer Vorteil der natürlichen Holzfaserdämmung: Holzfaser reguliert das Raumklima, indem sie bis zu 20 Prozent an Feuchtigkeit aufnimmt und wieder abgibt. Die Wärmespeicherfähigkeit zeigt ebenso wie die Hitzebelastung im Sommer solide Werte. An heißen Tagen nimmt die natürliche Dämmung die Außenwärme auf, speichert diese und gibt sie verzögert an die Umgebung ab. Um die Holzdämmung vor Schimmel oder Schädlingen zu schützen, können Zusatzstoffe wie Borsalze oder Soda zum Einsatz kommen.

Die Holzfaserdämmung hat aber auch einen Nachteil: Aus Perspektive des Brandschutzes ist Holz nicht immer die erste Wahl. Aber keine Sorge, Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) müssen grundsätzlich bauaufsichtlich zugelassen sein. Dafür müssen Dämmstoffe strikte Kriterien erfüllen, auch in Bezug auf ihr Brandverhalten. Die baurechtlichen Regelungen gelten für Holzfaserdämmungen genauso wir für jedes andere Dämmmaterial.

Natürliche Dämmstoffe – Eigenschaften von Holzfasern:

  • Wärmeleitfähigkeit: 0,040 W/(m K)
  • Rohdichte: 110 bis 250 kg/m³
  • Brandschutzklasse: B2
  • Recyclingfähig

2. Kork: Naturdämmstoff für Dach und Fassade

Längst vorbei sind die Zeiten, in denen Kork nur als ökologischer Fußbodenbelag, Schalldämpfer oder Verschluss für erlesene Weine diente. Ein Beispiel dafür, wie Vielseitig dieser natürliche Dämmstoff in modernen Architekturen eingesetzt werden kann, ist das sogenannte Korkenzieherhaus in Berlin. Dort ist ein Einfamilienhaus in Holzbauweise entstanden, dessen Hülle komplett aus Kork besteht.

Eine Detailaufnahme einer Korkbahn zum Wärmeisolieren
Eine Detailaufnahme einer Korkbahn zum Wärmeisolieren

Foto: iStock.com / beronb

Der nachwachsende Rohstoff Kork wird aus der Rinde der Korkeiche gewonnen und wächst auf der iberischen Halbinsel und in Nordafrika. Die Rinde wird zu Back- oder Presskork verarbeitet. Aufsparrendämmungen realisiert man oft mit Backkorkplatten, in Zwischensparrendämmungen kommt manchmal auch loses Granulat zum Einsatz. Kork verfügt über eine gute Wärmeleitfähigkeit, ist luft- und wasserdicht, langlebig und schimmelresistent.

Aus ökologischer Sicht hat die Dämmung mit Kork Vor- und Nachteile. Zwar ist Kork ein Naturprodukt, doch wird bei der Herstellung unter Druck 370°C heißer Wasserdampf zugeführt. Dafür benötigt Kork keine Zusatzstoffe und ist von Natur aus geschützt gegen Verrottung und Fäulnisfest infolge von Bakterien. Ebenfalls positiv für Ihren ökologischen Fußabdruck: Kork kann gut recycelt werden.

Natürliche Dämmstoffe – Eigenschaften von Kork:

  • Wärmeleitfähigkeit: 0,040 – 0,050 W/(m K)
  • Rohstoffdichte Korkplatten: 80 – 500 Kg/m³
  • Brandschutzklasse: B2
  • Recycelbar

3. Naturdämmstoff Zellulose

Eine natürliche Wärmedämmung aus Papier? Tatsächlich: Zellulosefasern entstehen durch das Recycling von sauberem Altpapier. Das Material wird zerkleinert, ausgefasert und erhält zum Schluss die Form voluminöser, trockener Flocken. Weil Zellulose nicht mit Wasser in Verbindung kommen darf, nutzt man sie zur Innendämmung, beispielsweise als Zwischensparrendämmung der Dachschrägen.

Ein Mann hält eine Handvoll getrocknete Zellulosefasern zum Isolieren in die Kamera.
Ein Mann hält eine Handvoll getrocknete Zellulosefasern zum Isolieren in die Kamera.

Foto: Ingo Bartussek / adobe.stock.com

In loser Form wird Zellulose in die schwer zugänglichen Hohlräume des Dachs transportiert und so verdichtet, dass sich eine durchgängige Dämmschicht ergibt. Zusätze von Borsalz, Naturharzen oder Ammoniumpolyphosphat stellen Brand- und Insektenschutz sicher. Neben guten Dämmeigenschaften bietet Zellulose einen hohen Schallschutz und schützt im Sommer vor Hitze unter dem Dach.

Die Herstellung von Zellulose ist besonders ressourcenschonend, weil für das Recycling von Zeitungspapier wenig Energie erforderlich ist. Auch Wasser und Boden werden beim Altpapier-Recycling nicht belastet. Zellulose ist als Dämmstoff aus ökologischer Sicht also besonders empfehlenswert.

Natürliche Dämmstoffe – Eigenschaften von Zellulose:

  • Wärmeleitfähigkeit: 0,04 bis 0,045 W/(m K)
  • Rohstoffdichte: 35 – 55 kg/m3
  • Brandschutzklasse: B2
  • Entsorgung in örtlichen Deponien

4. Dächer decken mit Reet/Schilf

Schilf oder Reet dient seit vielen Jahrhunderten zum Hausbau. Vor allem in Küstenregionen prägen reetgedeckte Häuser das landschaftliche Bild. Weil Schilf trotz hoher Feuchtigkeit nicht verrottet und Fäulnis oder Pilze keine Gefahr darstellen, ist es hier so beliebt.

Bei der Verarbeitung werden die dicken Schilfrohre gepresst und durch Drähte miteinander verbunden. So entstehen im Inneren große Luftkammern, die sowohl einen guten Wärmeschutz als auch einen hervorragenden Schallschutz bieten.

Mehrere Bündel Schilf für die anschließende natürliche Wärmedämmung.
Mehrere Bündel Schilf für die anschließende natürliche Wärmedämmung.

Foto: iStock.com / Wicki58

Ein Reetdach allein gilt allerdings nicht als Naturdämmstoff. Je nach Dachaufbau kommen weitere Dämmungen wie Mineralwolle hinzu, Sondergenehmigungen sind erforderlich. Wer sich ein Reetdach wünscht, holt sich eine Beratung beim erfahrenen Dachdeckerbetrieb.

Natürliche Dämmstoffe – Eigenschaften von Schilf:

  • Wärmeleitfähigkeit: 0,038 – 0,055 W/(m K)
  • Rohstoffdichte: 190 – 225 Kg/m³
  • Brandschutzklasse: B2
  • Recyclingfähig

Natürliche Dämmstoffe für Gesundheit und Klima

Fazit: Naturdämmstoffe schonen Ressourcen, habe eine positive CO2-Bilanz und sind beim Rückbau umweltschonend. Mit ihnen lässt sich also gut ökologisch bauen. Zusätzlich zum ökologischen Mehrwert überzeugen auch die Produkteigenschaften. Viele nachwachsende Rohstoffe können bis zu 30 % des eigenen Gewichts an Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Dadurch sorgen sie aktiv für ein ausgeglichenes, natürliches und behagliches Raumklima.

Jetzt weiterlesen: Ökologische Dacheindeckung – Wie umweltfreundlich sind Dachziegel und Co.?